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Unter den Seelsorgern der katholischen Pfarrgemeinde Zum Heiligsten Herzen Jesu in Misburg ist das Wirken des Pfarrers Robert Gerbrand bis heute unvergessen. Der am 26.09.1903 in Werlte geborene Pfarrer kam am 21.10.1942 nach Misburg und musste miterleben, wie weite Teile der Orte Misburg und Anderten nach und nach fast vollständig zerbombt wurden. Beide Kirchen seiner Pfarrei wurden im Bombenhagel zerstört, die St.-Anna-Kapelle 1944 und die Herz-Jesu-Kirche 1945. Im Verlauf des Krieges verlor die Mehrzahl der Gemeindemitglieder ihr gesamtes Hab und Gut und die Arbeitsplätze in der Industrie. Da auch das Pfarrhaus der Herz-Jesu-Kirche vollständig zerstört worden war, teilte Pfarrer Gerbrand sein eigenes Schicksal mit den Menschen seiner Gemeinde. In der Sorge um die Menschen konnte er gegenüber denen, die noch etwas hatten, unbequem sein, hatte er doch nicht allein für die Ausgebombtem, sondern nach 1945 auch für die in großer Zahl der zuströmenden Flüchtlinge und Heimatvertriebene zu sorgen. Noch bevor die Herz-Jesu-Kirche im Jahre 1948 wieder notdürftig fertig gestellt war, initiierte Pfarrer Gerbrand auf kirchlichem Gelände ein Siedlungsprojekt mit 28 Wohneinheiten im unteren Teil der Karlstraße. Die Siedlung wurde 1952 durch den Bischof von Hildesheim, Joseph Godehard Machens, feierlich eingeweiht. Auf Gerbrands Veranlassung wurde im Einvernehmen mit dem Rat der Gemeinde Misburg der Standort der Katholischen Schule in das ab 1952 entstehende Schuldorf Misburg verlegt. Ein Wiederaufbau am alten Standort gegenüber der Herz-Jesu-Kirche wurde nicht weiter verfolgt. 1955 konnte das neue Schulgebäude eingeweiht werden. Die Schule erhielt den Namen Kardinal-Galen-Schule in Erinnerung an den Bischof von Münster, Clemens Kardinal Graf von Galen, den “Löwen von Münster“, der offen gegen die Politik der Nationalsozialisten Front gemacht hatte. 1953 begann Robert Gerbrand mit den Vorbereitungen zum Bau der neuen St. Annakirche. 1955 erfolgte die Grundsteinlegung; 1956 konnte die St. Annakirche geweiht werden, so dass die Katholiken in Misburg-Mitte, -Nord und -West seelsorglich angemessen versorgt werden konnten. Ein der Kirchengemeinde vererbtes, an der Hannoverschen Straße gelegenes Grundstück übergab Pfarrer Gerbrand zur Errichtung eines Altenzentrums, den heutigen St. Martinshof, an den Caritasverband Hannover. Auf dem gleichen Gelände entstand später auch die Kindertagesstätte St. Anna (heute St. Martin). Die Fertigstellung des zweiten von ihm auf kirchlichem Gelände initiierten Wohnungsbauprojekts mit insgesamt 48 Wohneinheiten im oberen Teil der Karlstraße konnte Pfarrer Gerbrand nicht mehr miterleben. Er starb mit 57 Jahren am 12. August 1961. In dankbarer Würdigung seiner Verdienste erhielt die Straße östlich der Herz-Jesu-Kirche den Namen Gerbrandstraße. Robert Gerbrand war ein „Bettler vor dem Herrn“; er lebte in persönlicher Armut und galt vielen als vorbildlicher Spender für seine Gemeinde. Die Grabstätte Robert Gerbrands befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Kreuzgruppe auf dem Misburger Waldfriedhof. Gisbert Selke
Robert Gerbrand
26.09.1903 - 12.08.1961 Pfarrer der katholischen Pfarrgemeinde Heiligstes Herz Jesu von 1942 bis 1961